Ob Computer, Server oder Fernseher – fast alle elektronischen Geräte produzieren Abwärme. In Rechenzentren wird daher viel Geld investiert, um die erzeugte Wärme mit Kühlungssystemen herunterzukühlen. Das kostet zusätzlich Energie und Geld. Laut Schätzungen fließen mittlerweile rund zwei Prozent des weltweiten Stromverbrauchs in den Betrieb von Servern. Allein Google verbraucht jährlich deutlich über zwei Milliarden Kilowattstunden für den Betrieb seiner Server. Ein nicht unerheblicher Teil fließt in die Kühlung der Server.
Warum wird die Abwärme also nicht besser genutzt? Zum Beispiel zum Wärmen von Bürogebäuden oder Privathaushalten? Genau diese Idee verfolgt das Dresdner Unternehmen Cloud&Heat seit einigen Jahren. Aus den Niederlanden kommt mit Nerdalize nun ein Konkurrent hinzu.
Der Unterschied zwischen beiden Unternehmen ist, dass Cloud&Heat bereits am Markt vertreten ist und unter anderem die Cloud-Angebote Platform as a Service (PaaS) und Software as a Service (SaaS) im Portfolio hat. Dafür wird Rechen-Power benötigt, die die Firma mit eigenen, etwas unförmigen Server-Schränken zur Verfügung stellt. Der Clou: die erzeugte Abwärme wird genutzt, um Gebäude zu heizen und Wasser zu erwärmen.
Die drei niederländischen Start-up-Gründer Mathijs de Meijer, Boaz Leupe und Florian Schneider möchten ihre Server dagegen ins Wohnzimmer bringen und haben eine Hülle entwickelt, die optisch mehr an einen Heizkörper erinnert als der Server-Schrank von Cloud&Heat.
Idee für Nerdalize kam bei Renovierung
Laut einem Bericht der BBC kam die Idee für Nerdalize den beiden Co-Gründern de Meijer und Leupe während der Renovierung eines alten Hauses. Dabei beschädigten sie aus versehen das Heizungsthermostat. Während de Meijer anschließend an seinem Laptop saß, soll er aus Scherz gesagt haben: „Weißt du was? Warum schließen wir nicht 100 Laptops zusammen, stellen sie in den Raum und haben ein nerd-beheiztes Haus?“ Aus dem Gag reifte die Idee zu Nerdalize. Aktuell wird das System in fünf Privathaushalten in den Niederlanden getestet.
Ein weiterer Unterschied zu Cloud&Heat ist, dass die Anschaffungskosten deutlich geringer sind. Wenn Nerdalize massentauglich ist, sollen die Server-Heizungen zwischen 400 und 500 Euro pro Stück inklusive Installation kosten. Im Gegensatz dazu betragen die Anschaffungskosten für den Server-Schrank von Cloud&Heat rund 12.000 Euro. Diese müssen Kunden selbst tragen. Das Dresdner Unternehmen bietet allerdings Wartung und Instandhaltung für 15 Jahre. Zudem sparen Kunden Internet- und Heizkosten ein.
Die Kosten von Nerdalize dürften sich deutlich schneller amortisieren. Ob die von den drei Gründern versprochenen 400 Euro Einsparung pro Jahr realistisch sind, hängt aber von der zu heizenden Fläche und Wohnungsisolierung ab. Zudem eignen sich nur Haushalte mit einer ausreichend schnellen Internetverbindung für die Installation.
Heizung als Sicherheitsrisiko?
Wer am Ende die überzeugendere Idee hat, müssen Interessenten selbst entscheiden. Ein Diskussionspunkt bleibt trotz Einsparungs- und Nachhaltigkeitspotenzial bestehen: die Datensicherheit der auf den Servern gespeicherten Daten. Da die Daten über das verteilte System der Privathaushalte fließen, besteht das Risiko für unbefugte Datenzugriffe.
Sowohl Nerdalize als auch Cloud&Heat betonen daher, dass alle Daten verschlüsselt auf den Servern gespeichert werden. Laut Nerdalize sorgt zudem der dezentrale Aufbau des Server-Netzes für mehr Sicherheit. Für Cyberkriminelle sei es dadurch fast unmöglich, auf verschiedene Server gleichzeitig zuzugreifen.